Der Insider
Die Schwaden lichten sich - zum Rauchverbot in der Türkei
17.7.2009


Die Zigarette im Mundwinkel gehört zum türkischen Alltag wie das Glas süßer heißer Tee. Doch jetzt wird es auch hier eng für Raucher. Der fünftgrößte Tabakproduzent der Welt, eine der letzten Raucher-Bastionen Europas, hat mit anderen Ländern gleichgezogen und ein striktes Rauchverbot erlassen.

Schon Anfang 2008 hatte das Parlament in Ankara den Glimmstengel per Gesetz aus dem Verkehr gezogen. Doch es gab noch eine Übergangszeit bis Mitte 2009. Ab 19. Juli nun ist endgültig Schluss mit dem blauen Dunst in der Öffentlichkeit. Bisher war Rauchen in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln verboten. Vom 19. Juli an gilt nun auch in allen Cafés, Bars und Restaurants, und sogar unter überdachten Terrassen absolutes Rauchverbot. Ohne Ausnahme. Keine Raucherzimmer, keine Clubs mit Sonderstatus - nichts.

Bei Verstößen drohen saftige Strafen. Bis zu vierstellige Beträge müssen Cafebesitzer berappen die erwischt werden, wenn sie ihre Gäste rauchen lassen; Einzelpersonen zahlen bis zu 50 TL. Allerdings dürfte es schwer sein das Gesetz durchzusetzen. Wie sollen Ordnungshüter, von denen die meisten selbst kräftig rauchen, die Millionen Gesetzesüberraucher in den Griff kriegen? Eine Sisiphusarbeit steht denen bevor, bei der wohl so manches Hüterauge zugedrückt werden wird.

Für Viele ist die Zigarette das einzige Mittel, um dem Trübsal des Alltags wenigstens minutenweise zu entkommen. Wie wird sich das Verbot auf die Volkspsyche auswirken? Restaurantbesitzer geben zwar zu, dass Nichtraucher besser geschützt werden sollten. Aber sie fürchten auch um ihre Kundsschaft und damit um ihre Existenz. Acht von zehn Gästen rauchen, da werden die meisten zu Hause bleiben - dort dürfen sie noch. Findige Betreiber setzen auf die Nichtraucher und hoffen mit dieser Zielgruppe einen neuen Kundenstamm aufbauen zu können...

Tatsächlich findet die Mehrzahl der Türken die neue Freiheit in Ordnung. Selbst rauchende Fußgänger loben das neue Gesetz und erklären, sie hätten ohnehin vorgehabt, das Rauchen aufzugeben. Außerhalb der eigenen vier Wände wird es nur noch wenige Räume geben, wo geraucht werden darf: Hotels dürfen eine Raucheretage einrichten (Touristen her hören!). Als Freiräume bleiben nur noch Gefängnissen, Altenheimen und Anstalten für Geisteskranke. Dort darf uneingeschränkt weiter geraucht werden.



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