Der Insider


2016: Wiedersehen mit Ceren = siehe weiter unten
September 2016

Das Märchen von der kleinen Steg-Prinzessin Ceren
2.3.2009


Sengül und Muhammet Denizli betreiben des Loryma Restaurant in der Nordecke der Bozukkale Bucht. Sie haben zwei Kinder: Ceylan und Ceren. Ceylan, die ältere Schwester, handelt mit Thymian, Honig und Tüchern vom Holzkahn aus - Gäste auf Yachten und Gulets sind ihre Kunden. Ceren, gerade mal 10, versucht es ihr nach zu machen, lernt ganz schnell ein wunderbar schön klingendes Englisch und lockt mit hin und her geschwenktem roten Ballon, auf schwankenden Holzkahn balancierend, einlaufende Yachten an den Holzsteg des Familienrestaurants.

Kommt eine Yacht heran, hilft sie beim Festmachen; wenn der Wind zu heftig drückt, packen auch Baba Muhammet und Anne Sengül mit an. Anschließend rudert sie ihren Kahn längsseits an die Yacht und breitet ihr Warenangebot aus: Tücher und Bänder, Armreifen und handgemachte kleine Kelims, Mandeln in der Tüte und Oliven im Glas. Das alles tut sie mit so viel Charme und frischem Witz, das man verzaubert wird und gerne zum Abendessen ins Restaurant kommt.


August 2007: Gemütlich sitzen wir vor der alten Mauer des verfallenen byzantinischen Anwesens und bekommen - während der Ziegenbraten im Feuer schmurgelt - folgende Geschichte zu hören: Vor einigen Tagen war Hüseyin Simsek, Direktor des Marmara Kollleg aus Istanbul als Gast auf einer Gulet in der Bucht und hat Ceren kennen gelernt. Wie wir ist er vom Charme und der sprühenden Intelligenz des Kindes entzückt. Ergebnis des munteren Gespräches, das wohl auch eine kleine Prüfung gewesen ist, ohne dass Ceren etwas davon gemerkt hat: weil das Kind so überdurchschnittlich fähig und sprachbegabt ist, muss es gefördert werden und eine gute Schulbildung bekommen.

Dem Kolleg-Direktor ist schnell klar, dass die Eltern kaum in der Lage sind, von dem was das Restaurant nach Abzug der hohen Pacht (ca 30.000 EUR pro Saison) abwirft, den Schulbesuch ihrer Kinder auf einem gehobenen Kolleg zu bezahlen. So schlägt er vor, den Kollegbesuch der kleinen Ceren aus dem Fundus zur Förderung begabter Kinder zu bezahlen, den die Schule für solche Fälle aufgelegt hat. Wouh!


Im September 2007 fahren Mama und Tochter zusammen nach Istanbul, besichtigen das Kolleg, beziehen ein kleines 3x3 Meter großes Zimmer, hängen ein paar Bilder auf - dann reist Mama wieder ab. Familie und Freunde sind gespannt wie das clevere Aschenputtel aus dem kleinen Dorf Sögüt auf der Loryma-Halbinsel den Übergang in die Großstadt und aufs Internat schaffen wird. Von den Eltern hat sie jede moralische Unterstützung - die beiden sind stolz auf ihre kluge und quirlige Tochter. Alle versichern sich gegenseitig ständig des großen Glücks, das die Kleine hat und hoffen, dass sie durchhält und nicht vor lauter Heimweh schon nach wenigen Wochen wieder nach Hause will. Bei unserem Kennenlernbesuch darauf angesprochen warf sie entschlossen den Kopf zurück und sagte: "Yok - istiyorum!" (- nein, ich will!).

Juni 2008: Wieder sitzen wir an der alten Mauer vor der roten Fahne mit dem Bild Atatürks und wollen wissen wie es Ceren geht. Mama Sengül strahlt: "Iyi, çok iyi!". Die ersten Monate bis November habe es viele Tränen gegeben - im fernen Istanbul und hier im Dorf. Aber jetzt habe Ceren es geschafft, sie sei in allen Fächern gut (sie holt die Zeugnisse und zeigt sie uns) und habe inzwischen auch einige Freundinnen. "In zwei Wochen sind Sommerferien, dann kommt sie nach hause in die Bucht", strahlt Sengül. Ganz bestimmt locke sie dann wieder die Yachten an den Holzsteg... Ceylan, die große Schwester, knetet den Teig für's täglich frische Holzofenbrot und strahlt: "Wir sind alle sehr, sehr glücklich!"

Winter 2009
Nun ist es endgültig: das Loryma Restaurant wird entweder geschlossen oder bekommt einen neuen Pächter. Der Vermieter wollte zu viel Miete haben (die Gerüchtküche munkelt von 30.000 EUR). Das konnte der kleine Familienbetrieb nie und nimmer erwirtschaften. Papa Muhammet wird wieder als Kaptan auf einer Gulet anheuern und Mama Sengül wird mit der großen Tochter Ceylan wieder ins Buchten-Tücher-Mandel-Geschäft-mit-dem-Ruderboot einsteigen. Inshallah hält Ceren in Istanbul durch. Wir drücken ihr ganz fest die Daumen.


Im Sommer 2012 ist Ceren zu den Sommerferien wieder in Bozukkale und hilft ihrer Mama und Schwester Ceylan beim Verkauf von Tüchern und Gewürzen. Und im Dezember 2012 erreicht uns folgender Bericht von Skipper Patrick Niederhauser über die aktuelle Situation im Loryma-Restaruant - es geht also gut weiter: klick


15. August 2014 Wir sind wieder einmal in Bozukkale und machen am Steg der Ali Baba Restoran fest. Kaum ist die Muring durchgesetzt und die Achterleinen gesichert, kommt Ceren um die Ecke gedüst. Auf einem Holzboot wie immer, voll beladen mit Tüchern, Kleidern und Thymian-Honig. Wir begrüßen uns herzlich und erinnern uns an den Beginn von Cerens Märchen im Sommer 2007. Folgendes erzählt sie in ihrem allerfeinsten Englisch: (demnächst)


2016: Wiedersehen mit Ceren
von Aquarius
 
Im September waren wir seit längerer Zeit mal wieder in Bozukkale. Die Bucht ist immer noch ein besonderes Highlight, die Landschaft ist wunderschön, die Burgruine mit ihren beeindruckenden Mauern und dem weiten Ausblick über die Rhodos-Strasse immer wieder eine Wanderung wert, der Ankerplatz im Nordwesten war – oh Wunder! – nicht überfüllt und die See schön warm zum Schwimmen.
 
Als der Anker fest im Grund sass, überraschte uns ein schon lang bekanntes Gesicht, das wir nicht erwartet hatten: Ceren war da! Wir kennen sie und ihre Familie schon so lange und haben das Märchen der Stegprinzessin damals miterlebt. Wie schön, sie wiederzusehen! Sie hatte viel zu erzählen:
 
Ceren studiert weiter in Istanbul, war aber in den Semesterferien mit ihrem Verkaufsbötchen “Cerenim” in Bozukkale. Dieses Jahr gingen die "Geschäfte" nicht ganz so gut wie sonst, aber sie war zufrieden. Als wir nach der Familie fragten, hörten wir, dass ihre grosse Schwester Ceylan, die früher mit ihr auf dem Bötchen fuhr, schon länger verheiratet ist und eine vierjährige Tochter hat. Mama Sengül war auch nicht da, sondern in Sögüt (der Ort bei Bozburun, aus dem die Familie stammt), wo sie eine Andenken-Boutique betreibt.
 
Wie immer haben wir unsere neuen Handtücher bei ihr gekauft, sie hat nämlich immer schöne Farben dabei. So sind wir wieder gut ausgestattet mit Pestemals. Schöne Armreifen hatte sie auch dabei, da kann frau einfach nicht wiederstehen!
 
Als nach ein paar Tagen am Steg von Ali Babas Restaurant Platz war und wir uns dorthin verlegt haben, war Ceren jeden Tag dort und wir haben oft geklönt. Das nächste Semester wartet schon, und sie hat sich gefreut, weiterstudieren zu können. Mit vielen lieben Grüssen an die Familie und allen guten Wünschen für Ceren haben wir uns verabschiedet. Nächsten Sommer treffen wir uns sicher wieder, wir freuen uns schon darauf!


Skippers Lieblings-Buchten