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Von Kisebükü (Alakisla) nach Mazi
von Annette Hanisch, Fotos von Ömer Dogan
18.05.2014
Etwa drei Segelstunden von Bodrum entfernt Richtung Osten liegt die (noch!) unbebaute Bucht von Kisebükü (unter Seglern als Alakisla bekannt) aufpassen! gefährliche, aber betonnte Untiefe bei der Einfahrt in die Bucht! Dort ankern wir an einem milden Herbstwochenende Anfang November.
Die byzantinischen Ruinen, die sich über den langgestreckten Kieselstrand verteilen, haben wir bereits am Vorabend erkundet und ein herrliches Bad genommen. Nach dem Frühstück an Bord sind wir - eine Gruppe von 9 Segel-/Wanderfreunden - bereit zum Aufbruch. Unser Ziel ist der etwa 10 km östlich gelegene Strand von Çakilliyali (zu deutsch: Kieselstrand), die westlichste der drei Buchten, die zum Ort Asiagi Mazi gehören. Dort soll unsere Gulet uns ab dem Mittag erwarten.
Das Beiboot bringt uns samt Rucksäcken, Wanderstiefeln und Wanderstöcken an Land. Der Einstieg ist leicht zu finden - schon am Vortag hatten wir die rot-weißen Zeichen an den Ruinen gesehen, die wir bereits vom Lykischen Weg kennen. Wer dachte, dass es sich um eine leichte Übung handelt - was sind schon 10 Kilometer!?! - sieht sich nach dem ersten Anstieg auf dem Serpentinenfahrweg, über den man unser Ziel den Ort Mazi mit dem Jeep erreichen kann, getäuscht. Es geht keineswegs immer schön am Ufer entlang, sondern erstmal kräftig aufwärts.
Noch ungeübt im Zeichenerkennen verpassen wir den Abzweig nach rechts auf einen schmalen Pfad und merken den Irrtum erst, als wir etwa hundert Meter kein Zeichen mehr gesehen haben. Beim Gang zurück sind wir aufmerksamer und erkennen das im rechten Winkel die Richtung weisende Abzweigzeichen.
Der Pfad führt uns eine Weile parallel zum Hang über offenes, unebenes Gelände, wo es wahrscheinlich vor nicht langer Zeit gebrannt hat. Dann geht es steil bergab - oh je, alles, was wir mühsam aufgestiegen sind, steigen wir noch mühsamer wieder ab! Doch die Bucht, zu der uns der Weg führt, ist womöglich noch paradiesischer als Kisebükü! Durch einen dschungelhaften, sumpfigen Abschnitt bahnen wir uns den Weg zu einem wahrhaft unberührten Kieselstrand, auf dem als einziges Zeichen menschlicher Zivilisation ein zerfallenes Ruderboot liegt, das wir unserem Fotografen zu Gefallen für ein Foto besteigen.
Nicht nötig, zu erwähnen, dass der Weg am Ende des Strandes wieder aufwärts führt, oder? Diesmal allerdings unter Bäumen, was alle als angenehm empfinden, denn bei etwa 25 Grad und Windstille ist es doch noch ziemlich heiß! Unter Pinien und Erdbeerbäumen wandern wir in vollkommener Abgeschiedenheit dahin. Die ersten Früchte der Erdbeerbäume sind bereits reif, ab und zu finden wir am Weg auch Wildbirnen - Verhungern braucht man in dieser Jahreszeit auch ohne Picknick nicht!
Die nächste Kieselstrandbucht hat einen furchterregenden Namen: Seytanderesi (Teufelsbach)! Heute macht sie mit ihren von Mauern umgebenen Olivengärten einen durch und durch friedlichen Eindruck. Auch der Bach hat nichts Erschreckendes. Dass wir, nachdem wir ein Stück landeinwärts gegangen sind, auf holprigem Pfad wieder steil bergan steigen müssen, war ja schon zu erwarten. Diesmal zieht sich der waldige Anstieg allerdings sehr lange hin, so dass wir erschöpft beschließen, unser Picknick auch ohne den erwarteten Meerblick zu machen. Schließlich sind wir seit über vier Stunden unterwegs! Unser Durchschnittstempo scheint also unter 2,5 km/h zu liegen... Wie gut, dass wir uns für eine “halbe” Etappe entschieden haben. Die im Buch vorgeschlagene Tagesroute ist nämlich 20 km lang und hätte schon in Çiftlik, ca. 10 km westlich von Kisebükü, begonnen.
Kurz nach dem Picknick erreichen wir die Anhöhe und treten aus dem Wald heraus in Macchia-Gelände, ehemaliges Waldbrand-Gebiet, wie es im Buch erklärt wird. Von hier bietet sich freie Sicht auf den tiefblauen Golf und die gegenüberliegende Datça-Halbinsel, die heute allerdings nur ziemlich verschwommen zu sehen ist.
Noch etwa 15 Minuten, und es bietet sich ein fantastischer Blick: wie aus der Vogelschau leuchtet weiß der Strand und dunkelblau die Bucht von Çakilliyali zu uns herauf. Die Schönheit dieses Anblicks verschlägt uns allen die Sprache.
Und dann - tatsächlich! - tief unter uns liegt unsere Gulet wartend vor Anker! Wir reißen uns von dem atemberaubenden Panorama los und machen uns an den steilen Abstieg. Beschwingt von der Aussicht auf den nachmittäglichen Tee an Bord vergeht er uns wie im Flug. Fünfeinhalb Stunden hat der Ausflug gedauert. Natürlich mit Pausen, aber keineswegs gemächlich geschlendert! Beim wohlverdienten Schwimmen erholen die Füße sich vom felsigen, unebenen Gelände.
Ja, anstrengend war es, aber vor allem märchenhaft schön!
Diaschau von der Wanderung: klick
Was braucht man für eine Wandertour auf dem Karischen Weg:
• Unbedingt gute Wanderstiefel, denn das Gelände ist teilweise sehr steinig
• Wanderstöcke
• Sonnenschutz (Hut, Sonnencreme)
• Leichte Regenjacke (bis Mitte Mai und ab Anfang Oktober kann es schon mal regnen)
• Badezeug (je nach Lust)
• 1,5 Liter Wasser pro Person (bei warmem Wetter mehr)
• Energiespender (Nüsse, Trockenfrüchte etc.) • Handy (einzige Möglichkeit, bei Bedarf Unterstützung anzufordern, da kaum Menschen unterwegs)
• Erste-Hilfe-Ausrüstung für Insektenstiche, Blasen, Schnittwunden, Kopfschmerz etc.
• Wegbeschreibung aus dem Wanderbuch (Bisher gibt es noch keine deutsche Website bzw. Übersetzung des Buches. Infos und Buchbestellungen sind möglich über www.cariantrail.com)
• Wenn man das Buch besitzt, kann man über die Website auch GPS-Daten herunterladen.
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