-
Der Insider
- Das Wandern ist des Seglers Lust -
besonders wenn es bei Lodoswetter keine Motivation zum Auslaufen gibt
von Carla Winkler-Mayer

29.06.2014



Ziemlich ungewöhnlich für Anfang Juni: aber wie das Wetter so ist. Ein starker Lodos kann auch im späten Frühjahr noch mal die Bozburun- und Datca-Halbinsel überfallen. Was macht man da, um den Tag sinnvoll zu gestalten, wenn das Boot am Kai oder im Hafen liegt? Man schaut sich die Landschaft etwas genauer an, die man sonst immer nur aus der Perspektive von See aus sieht. Und was entdeckt man da im Hintergrund: einen Berg, eine Burg oder sonst einen bisher nicht wahrgenommenen kleinen oder großen Augenöffner.



Eintauchen in die Welt der Küstenbewohner ist ein immer wieder faszinierendes Erlebnis, ein totales Kontrastprogramm zum üblichen Leben an Bord. Den meisten Seglern bleiben diese Erlebnisse fremd. Aber das kann man ja mit etwas Eigeninitiative und Lodos-Hilfe ändern.

Oberhalb von Selimiye auf der Bozburun-Halbinsel sind die Reste einer alten Festung vom Hafen aus leicht auszumachen. Diese Zeugen der Vergangenheit haben mich schon immer inspiriert. Also wird dieser Lodostag zu einem Wandertag. Am Kai treffe ich auf einige Einheimische, die mir den Weg zur Burg (Kale) hinauf beschreiben. Meine Neugierde geht allerdings weiter und ich frage nach der Geschichte der Burg. Tja, da gibt es aber leider keine genaueren Informationen - außer, dass die Burg sehr alt sei und dass es noch zwei weitere Burgruinen in der Umgebung von Selimiye geben soll.

Ich mach mich also auf den Weg und wandere durch Selimiye bis zum Ortsausgang. Nach links führt die Straße nach Marmaris, nach rechts nach Bozburun. Ich laufe ca. 1,2 km in Richtung Bozburun auf der leicht ansteigenden Asphaltstraße entlang. Da es wenig Autoverkehr gibt kann ich den Blick auf Selimiye und die weite Bucht genießen, in der Gulets und Yachten an langen und kurzen Stegen vor kleinen Restaurants vor Anker liegen. Schließlich erreiche ich rechts eine große Platane unter der einige einfache Bänke zum Verweilen einladen.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite geht nach links eine schmalere Straße ab. Diese
führt, wie mich ein vorbeikommender Einheimischer aufklärt, nach Kizilköy einem Ortsteil von Selimiye, der in den Bergen liegt.

Ich wandere einige Meter auf der schmalen Straße hangauf und entdecke dann ein kleines blaues Schild, das nach links weist mit dem Hinweis Camiyani Mahallesi - offenbar ebenfalls einem Ortsteil von Selimiye. Diesem Hinweis folge ich. Kurz darauf sehe ich rechts und links alte Stelen, die teilweise noch aus osmanischer Zeit stammen. Kurz danach hat man einen Olivenbaum als Befestigung für einen Elektrokasten zweckentfremdet. Von hier geht es nach links weiter.

Gleich darauf komme ich an einem Mandelbaumhain vorbei. Dem Weg der parallel mit der Mauer des Hains verläuft folge ich nach links und der Blick auf die Burg wird frei. Nun geht es weiter durch ein kleines Wadi, links und rechts säumen Orleander- und Hayit-Büsche den Hang. Immer majestätischer erhebt sich die Burg auf dem vor mir liegenden Hügel.

Einige Minuten später gibt es einen Abzweig nach links und einen nach rechts. Doch ich entscheide mich für geradeaus auf einen Olivenhain zu, die Festung ständig im Blick. Auf dem angrenzenden Olivenbaumacker halte ich mich rechts und erreiche nach ca. 150 m einen Elektromast, an dem schon wieder ein Elektrozählerkasten angebracht ist. Was haben diese Stromzähler in dieser hochgelegenen, unbebauten Gegend für eine Bedeutung?

Rund 10 Minuten war ich nun vom Abzweig mit dem Hinweisschild Camiyani Mahallesi unterwegs (ab Selimiye ca. 30 Minuten). Nun bin ich am Fuße des Burgberges angelangt, dessen Bodenbeschaffenheit sich durch große und kleine Felsen auszeichnet. Wo kann ich jetzt den Einstieg bei all diesen Felsen finden? Welche Überraschung: auf einem großen Stein leuchtet ein roter Pfeil nach oben. Dank an die ‚Wegbereiter‘, die vor mir der Burg einen Besuch abgestattet haben. Immer wieder stoße ich beim Anstieg auf rote Markierungen, denen ich folge. Teilweise geht's über Steine bergan. Trotzdem: der Anstieg ist alles in allem recht einfach.

Rund 8 Minuten nachdem ich den ersten roten Pfeil gefunden habe komme ich oben auf der Festung an! Welch ein Ausblick! Als erstes schweift mein Blick nach Selimiye hinunter, dann über die weite Bucht und in der Ferne zum bergumschlossenen Hisarönü Körfezi. Dann wandert mein Blick zu den Bergen im Süden, hinter denen Bozburun liegen muss.

Die Burgmauern könnten aus der Kreuzritterzeit stammen. Doch sind mir leider keine weiteren Informationen bekannt und auch der alte Johannisbrotbaum im Burginneren, der heftig vom Lodos geschüttelt wird, schweigt sich aus über die Vergangenheit...



Diaschau von der Burgroute, die nur plus-minus 40 Minuten dauert bis man oben ist: klick



Was braucht man für eine Wandertour auf dem Karischen Weg:
• Unbedingt gute Wanderstiefel, denn das Gelände ist teilweise sehr steinig
• Wanderstöcke
• Sonnenschutz (Hut, Sonnencreme)
• Leichte Regenjacke (bis Mitte Mai und ab Anfang Oktober kann es schon mal regnen)
• Badezeug (je nach Lust)
• 1,5 Liter Wasser pro Person (bei warmem Wetter mehr)
• Energiespender (Nüsse, Trockenfrüchte etc.)
• Handy (einzige Möglichkeit, bei Bedarf Unterstützung anzufordern, da kaum Menschen unterwegs)
• Erste-Hilfe-Ausrüstung für Insektenstiche, Blasen, Schnittwunden, Kopfschmerz etc.
• Wegbeschreibung aus dem Wanderbuch (bisher gibt es noch keine deutsche Website bzw. Übersetzung    des Buches. Infos und Buchbestellungen sind möglich über www.cariantrail.com)
• Wenn man das Buch besitzt, kann man über die Website auch GPS-Daten herunterladen.