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Bafa Gölü: Es gibt sie noch, die unberührten, stillen Orte
Wandern im Latmosgebirge
Wie oft waren wir auf der Strecke vom Flughafen Izmir zum Liegeplatz der ONEWAY in Bodrum an der Südseite des Bafa Gölü mit dem Auto vorbeigerauscht und hatten nur ab und zu einen schnellen Blick zur Seeseite gebenüber und dem hohen Gebirge dahinter aus dem Fenster geworfen. Ein paar Mal waren wir beim Restaurant unmittelbar an der Straße für eine Teepause links abgebogen. Dieses Mal hatten Harry und ich mehr Zeit als sonst und fragten Mehmet, den Inhaber, ob er ein kleines Hotel oder eine saubere Pension drüben in Herakleia empfehlen könne. "Mein Cousin Kubilay erwartet euch", grinste er, "Selenen's Pension in Kapikiri unterhalb von Herakleia am See". Er steckte uns eine Visitenkarte zu, "...und grüßt ihn von mir!" Es gab erstmal çay, dann schnappten wir uns die Kameras und wanderten am See entlang, dem Sonnenuntergang am Ufer entgegen. Friedliche Landschaft vor hohem Gebirge. Eine leichte Brise ließ die Boote schaukeln, ein weiß getünchtes Gästehaus war direkt auf den massiven Steinen einer alten, ganz offensichtlich antiken Steinmauer, erbaut. Der Abend senkte sich funkelnd über dem Wasserspiegel. Auf der Terrasse erwartete uns ein köstliches türkisches Abendessen. Kubilay servierte und stellte uns seinen jüngeren Bruder Tamer vor, der morgen Vormittag mit uns eine Wanderung zum Yediler Kloster im Latmos machen werde, so hatte er jedenfalls beschlossen.
Berühmt wurde der Ort vor allem durch seine Verbindung mit der rätselhaften Gestalt des Endymon, der offenbar ein Verhältnis mit Hera hatte. Als Zeus die beiden erwischte, habe er Endymon vor die Alternative Giftbecher, Tod durch Pfeil oder Strang gestellt, worauf sich Endymon für ewigen Schlaf und ewige Jugend entschieden habe. Als die Mondgöttin Selene ihn in einer Höhle am Latmos tief schlafend fand, küsste sie ihn wach. 50 Töchter habe sie ihm geboren, so ewig muss der Schlaf nicht gewesen sein. Kubilay erzählte von einem Endymon-Grab in einer Höhle und von einem Heiligtum oben im Gebirge. Irgendwann ist er dann offenbar doch gestorben.
In der Höhle war es zunächst kühl und dunkel, dann gewöhnten wir uns ans schwache Licht und erkannten auf der Wand seltsame rötlich-blasse Figuren. Das seinen prähistorische Höhlenbemalungen aus der Zeit um 8. bis 4. Jahrhunderts v. Chr. Seit Mitte der 90er Jahre seien in der Gegend um die 170 solcher Felsmalereien entdeckt worden. Sie zeigten in einer Art von Strichmännchen mit Kopfputz und überlangen Körpern und stummelartigen Beinen, wohl Götter oder götterähnliche Wesen, die am Latmos verehrt wurden. Der Name Baliktas für diese Höhle bedeute Fischstein, erklärte Tamer. Die Künstler hätten die Farben mit ihren Fingern aufgebracht. Unglaublich, dass alles noch heute zu erkennen ist.
Nach einer weiteren halben Stunde durch schattenspendende Olivenhaine waren wir am Ziel, der Klosterruine Yediler. Yedi bedeutet sieben und soll einen Bezug auf die Legende der Siebenschläfer haben, die es allerdings auch bei Ephesus gibt. Vom Yediler-Kloster, das vier Kirchen hatte, ist nur noch die kleine Zitadelle einigermaßen intakt, deren gezackte Mauern sich auf einem kleinen Felsblock in einer Mulde erheben. Ansonsten sind nur Bruchstücke von Bogengängen und Restmauern zu sehen. Yediler war nach dem Stylos-Kloster die zweitgrößte Klosteranlage der Gegend. Besonders beeindruckt waren wir vom kleinen Gefängnis des Klosters (die Mönche, die Mönche!) und von den gefährlich tiefen Zisternen, aus denen kein Entrinnen ist, falls man da mal hinein fallen sollte.
Der Rückweg ging in die Beine, die Knie wackelten, die Augen suchten sicheren Tritt. Unterwegs stolperten wir beinahe über eine Schildkröte, die den Kopf einzog als wir uns über sie beugten. Im Schatten eines Olivenbaumes erzählte uns Tamer wie die Adler des Latmos Schildkröten jagen. Sie packen sie mit ihren Krallen, erheben sich mit ihnen hoch in die Luft, öffnen oben die Klauen und lassen sie herunter fallen. Auf dem Fels zerschellt die schützende Schale der armen Turtle, und der Adler kann sich über sie her machen. "Seither haben Schildkröten Flugangst," stellte Harry lakonisch fest. Endlich kamen wir wieder in Gölyaka an. Vor dem Teehaus fielen wir in die Plastikstühle, Tamer ludt zum Tee ein, der köstlich schmeckte. Die Männer, die gelangweilt herumsaßen, wurden munter, nickten uns freundlich zu und ließen sich von ihm alles erzählen, was er über uns wusste. 4 Stunden hatte unsere Exkursion gedauert. E s war schon ein bisschen anstrengend gewesen.
Der See wird auch heute noch durch Bäche, Quellen und den Mäander mit Süßwasser versorgt. Die tiefste Stelle liegt bei 25 m; doch meist ist die Wassertiefe nicht mehr als ca 1-2 Meter, für Yachttourismus Allahseidank nicht geeignet. Es gibt vier Inseln. Die Westküste ist Sumpfgebiet und besonders seicht. Der See gehörte früher einem Privateigentümer, der den Fischfang monopolisiert hatte. 1978 wurde der See verstaatlicht und die Fischerei einer Genossenschaften übertragen. Auf dem Kanal, der die Verbindung mit dem Mäander bildet, befindet sich eine einfache Fischreusenanlage.
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