Skipper werden ist nicht schwer ... Skipper sein dagegen sehr Von Frank Heutgens
8.1.2006 Wir sind seit Mitte Oktober wieder zu Hause. ALEGRIA liegt auf Korfu in der Gouvia Marina im Wasser mit drei Murigs und sechs Heckleinen gut festgemacht. Als wir im Frühjahr Richtung Griechenland los wollten, hatten wir diverse technische Probleme, die uns mehrfach aufgehalten haben. Hier ein "kurzgefasster" Bericht.
So schön könnte segeln sein...
... stattdessen!
Kolbenring an einem Motor im Eimer - zurück nach Marmaris zu Offshore Sailing in der Albatros Marina. Da eh alles auseinandergenommen werden musste, bot sich eine Generalüberholung an, zumal der andere Motor diese bereits hinter sich hatte. Gesagt, getan und wieder los.
In Limnos auf Rhodos Motor gecheckt, Motorraum von dem überholten Motor voller Motoröl. Wo das Öl herkam, war trotz emsigster Suche nicht festzustellen. Es blieb nur eine Stelle übrig, die es sein konnte, denn die war nicht einsehbar. Der Simmering an der Kurbelwelle! Natürlich ist der mit ausgewechselt worden bei der Generalüberholung. Hätten sie mal den Alten dringelassen. Also zurück nach Marmaris, Motor wieder raus, es war tatsächlich der Simmering. Ring gewechselt, Motor wieder rein. Kulanz! Die Fachwelt staunte, als sie den ausgebauten Simmering begutachtete. Es war absolut kein Defekt zu sehen, dennoch war er eindeutig der Verursacher. Also wieder los in der Hoffnung, dass der nun identische, neue Ring dicht ist. Er ist es bis heute!
Dass wir ein paar Meilen weiter schon wieder Stress hatten, sei nur am Rande erwähnt. Bei 7 Bft. und hohen Wellen hing ich kopfüber im heißen Motorraum um einen weggeflogenen Keilriemen zu wechseln. Almut erfreute sich derweil, indem sie mit der intakten Maschine in dem Chaos Kreise fuhr. Natürlich waren alle zu lösenden Muttern vom Vorbesitzer rund "gemacht" worden und mit der Zange kam man nicht dran. :-( Neue Muttern sind bestellt, gleich 3 Satz).
Kaum in den Inseln, versagt der Autopilot. War ja auch schon fast langweilig. Keine Chance einer Reparatur auf den Inseln, also zurück zur Marti Marina, denn permanent selber Steuern, das liegt uns nicht. Mann / Frau hat dann keine Hand mehr frei um ein Glas zu halten. Undenkbar, oder? Der Antriebsmotor des Piloten wurde gewechselt. Ging preiswert und schnell.
Aufgrund unseres Frustes wegen der permanenten Verzögerungen wollten wir erst mal gut Essen und da bot sich das Aurora in Selemiye an. Kaum am Steg festgemacht, fällt der Spiegel aus unserem Mistdinghy raus. Der Kleber, mit dem der Spiegel eingeklebt war, löste sich auf. 5 Jahre Garantie und in Marmaris gekauft. Also reklamiert und per Dolmus nach Marmaris geschickt. Nachdem wir im Aurora 3 KG zugenommen hatten, traf auch unser repariertes Dinghy wieder ein. Wieder los, obwohl wir mittlerweile wirklich der Meinung waren, dass die Griechengötter uns nicht haben wollten.
Das Wetter war gegen uns
und der Schlag von Datca bis Yali war der Schlimmste des ganzen Jahres, aber umdrehen kam für uns jetzt, nach all den Verzögerungen, nicht mehr in Frage. Wir wollten endlich weiterkommen, also durch! Schlißlich sind wir ja nicht zum Vergnügen hier, sondern zum Segeln. Wir mußten erfahren, dass sogar auf einem Kat Gläser vom Tisch fallen können. Yali belohnte uns mit bestem Wetter und Wasser.
Irgendwann mitten in der Ägäis machte ich den üblichen Check. (Es gibt Leute, die fragen uns ernsthaft, ob das denn nicht langweilig wäre, immer zu segeln!) Das Getriebeöl des Saildrives von der "älteren" Maschine sah etwas nach Mayonaise aus. Toll - Wasser im Öl! Wir hatten ja auch immerhin schon 2 Wochen keine Probleme...
Noch zu Beginn der Saison sagte ich zu Almut: "Mit dem Kat haben wir viel weniger Probleme als mit dem Mono vorher." Hätte ich mal die Klappe gehalten. Das muss er gehört haben, der Kat.
Es gab 2 Möglichkeiten, entweder die beiden Simmeringe, die die Welle zum Meerwasser hin abdichten, oder die Ölablassschraube. Eigentlich muß dafür das Boot an Land, aber da wir so wieso im Winter rauswollten, versuchte ich mit allen Mitteln die Reparatur hinauszuzögern. Also pumpte ich laufend Getriebeöl von innen ab - max. 50% waren nur möglich - und füllte neues Öl nach. Auf diese Weise konnte ich die Ölqualität auf einem halbwegs guten Level halten.
Übrigens, die Inseln waren mal wieder wunderbar und - komischerweise - auch die Griechen. Auch die Preise waren durchaus fast überall fair. War das nicht mal anders?
Irgendwann führte uns unser Ägäis-Zickzackkurs über die Kafireas-Strasse zum Festland, weil wir dort unsere Kinder erwarteten. Der Wassereinbruch im Getriebeöl wurde immer heftiger und trotz permanentem Ölwechsel war der Zustand nicht mehr haltbar. Also ab zur Olympic Marina bei Lavrion (der einzig große Lift in der Nähe). Boot raus - man gönnt sich ja sonst nichts und auf dem Wasser waren wir lange genug. Welle ausgebaut und siehe da, die Welle hatte Riefen. Die beiden hintereinander liegenden Simmeringe waren auf der Welle eingelaufen und da drückte logischerweise das Wasser rein. Prophylaktisch vom anderen Saildrive auch die Welle ausgebaut und auch dort waren anfängliche Einlaufriefen sichtbar. Neue Wellen waren in absehbarer Zeit in GANZ EUROPA nicht aufzutreiben (Yanmar) und aus Japan dauerte es zu lange, die Kinder kamen ja bald und die wollten segeln. In Athen gab es glücklicherweise eine Feinmechanikerwerkstatt, die solche Reparaturen durchführten. Beide Wellen wurden durch mehrfachen Materialauftrag und mehrfachem Abschleifen wieder auf Vordermann gebracht. Wir nutzten die Wartezeit mit Antifoulingstreichen, denn dann könnten wir uns das Anlandstellen im kommenden Winter ersparen. Nach dem Einbau der Wellen ging es ruckzuck wieder ins Wasser und nach Porto Rafti (Flughafennähe) um Almuts Sohn abzuholen. Die Liftleute waren chaotisch und dilettantisch!
Bei diesem Landaufenthalt erlebten wir den heftigsten Sturm der Saison. Es fegte mit bis zu 11 Bft. und wir hatten wirklich Angst, dass unsere Alegria von Ihren Holzklötzen flog. Schlafen nachts unmöglich. Die Sicht betrug nur 10 Meter, bedingt durch den Staub und Dreck, den der Sturm von dem unbefestigten Stellplatz wegfegte. Es gab keinen Winkel im Boot, der nicht völlig zugestaubt war. Fürchterlich - da fragt man sich, ob man das nicht doch lieber im Wasser abwettert.
Noch so ein Pallaver, Segeln wäre ja sonst zu eintönig:
In Lavrion kauften wir uns wunderbare neue Kunststoffmatten, eine davon war für über die doofen Lenzlöcher im Cockpit gedacht. Diese waren in einer Vertiefung, in die man beim Betreten des Salons von außen immer reintritt und wegrutscht. Also ist die Matte dekorativ und praktisch obendrein. Wohl wissend, dass die Lenzlöcher abgedeckt waren, fanden wir unsere Idee toll, denn bei schwerem Wetter und drohendem Welleneinstieg konnte man die Matte ja wegnehmen.
Kurz: Wir sitzen auf Kos in der Taverne (wo sonst) und es beginnt aus Eimern zu regnen. Almut: "Nicht das das Wasser im Cockpit nicht ablaufen kann, wegen der Matte". Ich: Nein, nein, die liegt ja nur lose auf und schließt nicht dicht ab, also kann das bißchen Wasser unten drunter durchlaufen. Außerdem habe ich doch mal Installateur gelernt, daher weiß ich genau, dass man Löcher nicht soooo einfach dicht machen kann."
Noch 'ne Flasche Wein und noch 'nen Ouzo und noch 'nen Nachtisch bis der scheiß Regen vorbei ist...
Mit dem Dinghy zurück sehen wir das Cockpit hoch unter Wasser stehen. Unfassbar, unsere Schlappen schwammen am Steuerstand herum! Also schnell die Matte hoch. Es bedurfte einiger Anstrengung, denn sie hatte sich regelrecht in den Lenzlöchern festgesaugt und somit dicht abgeschlossen! Als die Matte endlich weg war, ergoß sich durch die Lenzer ein regelrechter Wasserfall unter den Kat. Natürlich war das Wasser zwischen Schiebetür und Schiebeschiene nach innen durchgelaufen. Nicht nur, dass unser schöner Teppich nass war, das Wasser in den Küchenschränken stand, nein, es ist an beiden Seiten die Stufen runter nach unten gelaufen und hat die Bilgen bis zum Stehkragen aufgefüllt. Unsere Bilgen sind normalerweise Trockenräume, deshalb lagern wir dort Vorräte und Materialien. Ich spare mir den Rest, Ihr könnt es Euch denken...
Seit diesem Erlebnis, wird die Matte beim Verlassen des Bootes immer hochgeklappt!!!
Zurück nach Lavrion, unseren Besuch absetzen. Boot wie durch ein Wunder intakt, aber die Crew schwächelt. Almut hatte am Ellenbogen einen Hühnerei großen Knubbel, der sich als Abszess entpuppte. Der Griechendoktor meinte: "Muss ich schneiden weg, isse keine Probleme." Was er nicht sagte, der blöde Hund, dass es noch etliche Nachuntersuchungen und Nachbehandlungen geben sollte, die sich über Wochen hinziehen konnten. Also die Beule abgeschnitten und zwei mal zur Nachbehandlung. Wir konnten Lavrion nicht mehr sehen und Frank scharrte schon wieder mit den Füßen. Unvorstellbar, hier noch länger zu bleiben. Also beschloss Frank sich in Medizin weiterzubilden und ließ sich vom Griechendoktor alles genau zeigen, wie man die Wunde säubert, wie man mit einer Spritze Betadin hineinspritzt, wie man neu verbindet usw. Also Anker rauf und weg und die Wunde selbst versorgen. Die arme Almut hat einiges ertragen müssen und durfte ein paar Wochen lang nicht schwimmen, aber die Wunde ist dank bester Skipperbetreuung gut geheilt.
Irgendwann ging es um den Peloponnes rum und am Kap Maleas - wie sollte es dort auch anders sein - lief unser Kat auf einmal mit 10 Knoten um den verdammten Felsen herum. 10 Knoten, obwohl wir vorsichtshalber zwei Reffs eingebunden hatten und obwohl vorher fast Flaute herrschte. Segel wegnehmen war kaum mehr möglich, also durch.
Es ging flott voran. :-)
Der Peloponnes ist schön, aber es gibt kaum einigermaßen geschützte Ankerplätze. Außerdem bekommt man eher Diesel als Wasser dort unten. Insofern nicht das ideale Segelrevier, meinen wir.
Nach dem letzten Kap waren wir endlich im Ionischen Meer. Komisch, es ging nun schon seit Wochen nichts mehr kaputt. Ich nehme es vorweg: Es ging bis heute nichts mehr kaputt. Toi - toi - toi!