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Die verliebte Robbe von Elke Le Grand Bleu Es regnet nicht, es schüttet. Die Yacht schaukelt, als sei sie auf hoher See. Wir liegen schon seit Tagen am Holzsteg in English Harbour (Degirmenbükü), das schlechte Wetter hält uns fest. Gleich zwei dicke Tiefs stürmen über der Südadria und der Zentralägäis, selbst der geschützte Gökovagolf kriegt sein Fett ab. Segeln macht dabei wahrlich keinen Spaß, da ist es schon besser, in einer gegen Südwind gut geschützten Bucht zu liegen. Nicht, dass uns dabei langweilig wäre! Sogar Ende Oktober liegt der Steg rappelvoll. Etliche Gulets mit Gästen übernachten hier, auch einige Yachten sind noch unterwegs. Abends trifft man sich im Restaurant zu einfachem, aber sehr gutem Essen und Klönschnack. Klar, dass es oft spät wird, aber wir können ja ausschlafen. Morgens blinzelt endlich die Sonne ein paar Minuten durch die dicken Wolkenbänke. Plötzlich gibts ein großes Hallo auf dem Steg, eine Menschentraube guckt ins Wasser. Was ist denn da los? Eine Robbe schwimmt zwischen den Schiffshecks und dem Steg herum. Sie ist überhaupt nicht scheu, weicht nicht vor den vielen Menschen zurück. Grosse Augen, noch grössere Nasenlöcher, aus denen es regelmäßig prustet, alle sind begeistert von diesem hübschen Tier. Am Ende des Stegs liegt ein festes Dingi hinter einer Gulet. Als die Robbe es erreicht hat, kommt der Kopf aus dem Wasser, dann wackelt der Körper hinterher und schwupps ist sie im Dingi. Sie robbt von vorn nach achtern, von Backbord nach Steuerbord, macht es sich bequem und schläft erst mal eine Runde, ganz unbeeindruckt von den vielen Leuten drumherum.
Natürlich findet sie wieder ein Dingi, schwupps ist sie drin. Die meisten Besitzer freut das gar nicht, denn Badem riecht etwas streng. Mit allen Tricks versuchen sie, Badem aus den Dingis rauszuhalten. Eine Schutzplane übers Dinge, am Dingi wackeln, zur Not das Tier mit vereinten Kräften sogar rausschmeißen und auf den Steg legen, was lassen sich die Leute nicht alles einfallen! Meist jedoch vergebens, denn Badem ist so verliebt in kleine Boote, dass sie früher oder später ein anderes gefunden hat und frech daraus hervorlugt. Wenn gar nichts mehr hilft, legt sie sich auf den rostigen Fischkäfig des Restaurants und schläft dort eine Runde. Freilich wäre es schön, wenn sie sich anderen Mönchsrobben anschließen könnte. Die Spezialisten, die sie aufgezogen haben, bitten in ihrem Infoblatt darum, Badem nicht zu beachten, wenn sie spielen will, sie nicht zu betatscheln und keinesfalls zu füttern. Letzteres ist leicht, sie macht keinen hungrigen Eindruck. Aber ersteres ist leichter gesagt als getan. Solch eine zutrauliche Robbe ist zweifellos DIE Attraktion, wo immer sie auftaucht. Ihre Liebe zu Dingis als Schlafplatz bringt sie täglich in die Nähe der Menschen. Wir drücken ihr die Daumen, dass sie bald andere Mönchsrobben findet, damit sie sich neu verlieben kann. Und die kleinen Boote vergisst. |
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