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Kann man an Bord auch kochen? Ein Segeltörn mit der 85-jährigen Hildegard aus Gernsbach von "Yavas Yavas"-Skipper Wolfgang Kahl
Spontan sagte sie "da komm ich mit", als ihr der Skipper der Segelyacht "Yavas Yavas" erläutert, dass sie ganz ohne Segelkenntnisse die Buchten, Fischerdörfer und Inseln der türkischen Ägäisküste von aus Bord erkunden könne. Was nehme ich mit? Was zieh ich an? Kann man an Bord auch kochen? Wie werde ich schlafen? Werde ich seekrank? Viele Fragen beschäftigen Hildegard vor ihrem Abflug nach Dalaman. Dank gründlicher Empfehlungen (bloß kein großer Koffer!) und tatkräftiger Unterstützung konnte das Abenteuer am 2. Mai beginnen. Gemeinsam mit ihrer Mitseglerin Anna, 18, der Tochter des Skippers, wird Hildegard nach 3-stündigem Flug in Dalaman abgeholt. Im klimatisierten Kleinbus vergehen die zwei Stunden Fahrt zum Yachthafen in Orhaniye bei Marmaris wie im Flug. Da liegt sie nun, die Segelyacht "Yavas Yavas", das schwimmende Zuhause für die nächsten zwei Wochen. Dunkelblauer Rumpf, Teakdeck und ein erstaunlich hoher Mast - eine schnittige Schönheit aus Schweden. Aber wie an Bord kommen? Die hilfreiche Hand des Skippers ist sofort da, und Hildegard klettert über eine schmale Planke an Bord. Nach einem kühlen Willkommensdrink unter dem schattigen Sonnensegel erkundet sie sogleich neugierig das Innere des Schiffes: zwei Kabinen, ein Salon, eine Toilette und eine komplett ausgestattete Küche bilden die Einrichtung. Alles macht einen soliden und gepflegten Eindruck. Die Kabinen werden bezogen und die Segeltaschen ausgepackt. Jetzt zeigt sich, wie richtig des Skippers Empfehlung war, auf große Garderobe zu verzichten. Staufächer gibt es reichlich, aber einen Vergleich mit Hildegards Kleiderschrank zuhause können sie nicht bestehen. Die Luft ist angenehm warm und die Auswahl der angemessenen Kleidung ist einfach. Ein leichtes Sommerkleid und für abends ein Tuch zum Umhängen. Dies wird, neben dem Badeanzug, das Wohlfühl-Outfit von Hildegard für die kommenden zwei Wochen. Nach dem leckeren Abendessen, das der Skipper in der kleinen Kombüse in Nullkommanichts zubereitet hat, kommen im Cockpit unter einer baumelnden Petroleumlampe Hildegards Vorstellungen für die kommenden Tage auf den kleinen Mahagonitisch. Träume und Wünsche werden besprochen. Der Skipper bringt es schließlich auf die knappe Formel: Baden, schnorcheln, segeln und die türkische Gastfreundschaft samt türkischer Küche genießen. Außerdem einsame Ankerbuchten und ursprüngliche Fischerdörfer erkunden, einen Abstecher zu den griechischen Inseln unternehmen, und wo es geht historische Stätten besuchen - Hildegard nickt und schläft dabei ein. Sie träumt von Geschichten, die sie gelesen hat, die aber immer weit weg von der Wirklichkeit waren. Einsame Inseln, versteckte Strände, gibt es so was überhaupt noch? Am nächsten Vormittag ist es dann endlich soweit: Nach einer gründlichen Sicherheitseinweisung durch den Skipper löst Hildegard den Palstek, der die Yacht am Poller hält. Die Leinen werden eingeholt und unter Motor gleitet die Yacht langsam aus dem Hafen. Das Abenteuer kann beginnen. Die Segel werden gesetzt... Schon nach 10 Minuten übergibt der Skipper die Pinne an Hildegard. Als hätte sie nie etwas anderes getan, steuert die alte Dame das Schiff ruhig und sicher aus der von Pinien umstandenen Bucht hinaus auf die offene See. Die Segel werden gesetzt, das Boot legt sich leicht auf die Seite, der Motor wird abgestellt. Ruhe - nur das Geräusch von Wind und Wellen ist zu hören. Hildegard und Anna genießen das neue, fremde, windumspielte Vorwärtskommen. Nach drei Stunden laufen sie unter Segeln die erste einsame Bucht an. In glasklarem Wasser fällt der Anker. Während die Hildegard und Anna den exklusiven Badeplatz erkunden, bereitet der Skipper einen Imbiss in der Bordküche zu. Nicht die großen Dinge sind es, die ein Abenteuer ausmachen, manchmal sind es die unscheinbaren Kleinigkeiten, die zum Abenteuer werden. Skippers Mahnung im Ohr rückwärts die Treppe runter zu gehen, ist zunächst ungewohnt. Dazu der Zuruf "Immer schön festhalten - eine Hand fürs Schiff, die andere für die Frau...", verunsichern Hildegard zunächst. Doch beim dritten Mal ist es bereits Routine. Der erste Versuch, die Schiffstoilette zu benutzen, wird für Hildegard zu einem echten Abenteuer. Ventile öffnen, mit der Hand pumpen, kein Papier in die Schüssel, Ventile schließen, das alles ohne Druckspülung wie zuhause und auf engstem Raum. Bei Schräglage die Treppe wieder rauf klettern, und dann, wenn es noch mehr schaukelt, zum Horizont gucken, "das hilft", sagt der Skipper. Und niemals nicht pfeifen (Hildegard lacht). Und auf jeden Fall immer Ausschau halten, es könnten ja irgendwo Delfine auftauchen. Vieles ist ungewohnt: Es gibt nur einen kleinen Spiegel an Bord, und der hängt in der Nasszelle. Hildegard ist es gewohnt, immer schick gekleidet und frisiert die Wohnung zu verlassen. Sie schaut erst skeptisch, kommt dann aber jeden Morgen wie aus dem Ei gepellt ins Cockpit. Als der Skipper zwischen Symi und Bozburun bei Windstärke 5 dazu auffordert, die Schwimmwesten anzulegen, lacht Hildegard spitzbübisch: "Das kenne ich, das ist wohl eine Übung wie auf dem Traumschiff im Fernsehen!" Sie merkt aber schnell, dass es dem Skipper ernst ist und zieht sich die Weste über. Angst habe sie keine, sagt sie, aber damit habe sie nicht gerechnet. Hinterher ist sie stolz, dass sie die moderate Windstärke gut überstanden hat. Von Seekrankheit hat sie überhaupt nichts gespürt. Ziel der nächsten Etappe ist "Sailors Paradise", eine Bucht im Hisarönü Golf. Der Name ist nicht übertrieben: eine verwunschener Platz ohne Zugang von Land, ein einfacher Holzsteg, ein kleines Restaurant und unheimlich nette Leute, die sich freuen, dass jemand kommt. "Yavas Yavas" wird am Steg festgemacht und Hildegard entdeckt gleich beim ersten Landgang eine Schildkröte, drei Kekos und den Esel, der zur Kneipe gehört. Mit wildem Oregano, frischem Thymian und unglaublich duftendem Salbei in den Händen kommen Anna und Hildegard zum Schiff zurück. Mit dem Herzen sprechen. Alte Menschen werden in der türkischen Gesellschaft besonders respektiert. Die Hochachtung der türkischen Wirtsleute für die 85-jährige Seglerin ist groß. Hildegards Versuch, die drei vom Skipper gelernten türkischen Wörter anzuwenden, öffnet Herzen. Natürlich sind perfekte Sprachkenntnisse nicht wichtig. Ohne Antoine de Saint Exupery zu kennen wird hier mit dem Herzen gesprochen. Freude am Kontakt mit anderen Menschen bringt Hildegard von Haus aus reichlich mit. "Melek" wird sie bald vom Koch genannt; melek ist ein Wesen zwischen Gott und Mensch, ein Engel. Dieser Name bleibt Hildegard bis zum Ende des Törns. Frisches Gemüse, Tomaten, Gurken und Salat aus dem Garten hinter der Kneipe, duftendes, noch warmes Brot, in der Früh gefangener Fisch - ein Festessen unter freiem Himmel beendet den ersten Segeltag. Melek, Anna und Skipper Wolfgang fallen müde und glücklich in ihre Kojen. Fazit: Das Bordleben ist eigentlich ziemlich unkompliziert, das Essen ein Traum. Hildegard schläft so gut wie lange nicht und erwacht am nächsten Morgen mit neuem Tatendrang. Der Skipper kennt sich an der türkischen Küste so gut aus wie in seiner kleinen Kombüse. So können die Mitsegler jeden Tag neu beschließen, was sie tun möchten. Einzig bei Sicherheitsfragen liegt die Entscheidung allein bei ihm. Hildegard und Anna streifen durch quirlige Bazare, lassen sich von der Vielfalt der türkischen Küche verwöhnen und tauchen immer wieder in das klare und saubere Wasser der Ägäis ein. Meleks sorgfältig gepflegte Frisur ist bereits nach zwei Tagen einem fröhlichen, von Seewind und Wasser zerzausten Lockenkopf gewichen, die vornehme Blässe einer frischen Bräune. Die Augen leuchten wenn die Segel am Mast hoch gezogen werden und das Wetter von morgen ist wichtiger als die Kleiderfrage von heute. Die Bedienung der Toilette ist bald genau so vertraut wie das steuern der Yacht. Mit einem Satz: Hildegard ist, um mit den lobenden Worten des Skippers zu sprechen, Òzu einer echten Seefahrerin geworden!û Das ist es! In einer einsamen Bucht nach einem in der Kombüse gezauberten Abendessen vor Anker zu liegen und mit einem Glas Wein in der Hand in den flimmernden Sternenhimmel zu schauen, "das ist es!", nickt Hildegard! Mit keinem Hotel wolle sie tauschen. Auch nicht, wenn es am schönsten Strand der Welt liege. Ein Besuch auf der griechischen Insel Symi mit den vielen Klöstern, Tavernen und engen Gassen wird Hildegard so wenig vergessen, wie die Begegnung mit den Delfinen vor Palamut und das unfreiwillige und viel belachte Bad in der Bucht von Orhaniye. Viel zu schnell sind die zwei Wochen vorüber. Um viele wunderbare Erlebnisse reicher kehrt Melek alias Hildegard nach Deutschland zurück. Sie hat Freunde gefunden und eine völlig andere Art zu reisen kennen gelernt. Nicht das Alter ist entscheidend, wenn man sich entschließt eine Segelreise anzutreten, sondern der Mut, sagt sie zum Abschied. Sich auf etwas Neues einzulassen und offen zu sein für andere Menschen und Kulturen sei wichtig. "Ja, Hildegard, du hast Mut", lobt der Skipper und nimmt sie in die Arme. Ihr Mut ist mit wundervollen Erlebnissen belohnt worden. PS. Wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, plant Hildegard bereits ihren nächsten Segeltörn an der türkischen Küste. Diesmal soll es ein Stück weiter nach Süden gehen. Anmerkung: Segeltörns für ältere Menschen, aber auch für Familien mit Kindern und für Gäste, die einfach eine andere Art des Urlaubmachens kennen lernen wollen, können in Gernsbach beim TUI ReiseCenter gebucht werden. Der Törnpreis pro Woche beträgt ab 380 EUR/Woche/Person. Kinder zahlen die Hälfte. Anreisekosten auf Anfrage. Die Mitsegler zahlen für Gebühren und Verpflegung in eine gemeinsame Bordkasse ein. Informationen unter www.mittelmeer-segeln.com oder im TUI ReiseCenter Gernsbach, Tel. 07224/655022, Mail: klick
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