Der Insider
Besser als sein Ruf: Türkischer Wein
Einiges über türkischen Wein und den Gegenwind, der ihm um die Flasche weht
09.09.2014



Bei Ausgrabungen in antiken Stätten an der türkischen Küste haben Archäologen entdeckt, dass es Weinanbau in der Region schon vor vielen tausend Jahren gegeben haben muss. Angeblich ließ sich schon Noah dort als Winzer nieder, nachdem er mit seiner Arche nach der Flut auf dem Berge Ararat gelandet war.

Tatsächlich gibt es in der Türkei auch heute noch große Gebiete in denen Wein angebaut wird. Davon wird allerdings die größte Fläche für Esstrauben und Rosinen genutzt. Tatsache ist: Die Türkei steht in der Traubenproduktion weltweit auf Platz drei und hat fünfmal mehr Rebfläche als Deutschland. Durch die unterschiedlichen Klimabedingungen sind die Weine, die hier entstehen von höchst unterschiedlichem Charakter, je nach Lage an der Küste oder im Binnenland.

Getrunken werden die angebauten Weine vor allem von den Einheimischen, die in den letzten Jahrzehnten auf den Geschmack gekommen sind und natürlich auch von den vielen Touristen. Für den Export bleibt da nicht viel übrig, zumal ein Großteil der für die Weinherstellung angebauten Trauben auch zu Raki destilliert wird.

Die Bevölkerung in der Türkei ist zum Teil muslimisch-konservativ, Alkohol in dem seit Atatürk säkularen Staat aber (noch) erlaubt. Doch die religiös orientierte Regierung führt eine immer massivere Kampagne gegen den Alkohol an. Die Alkoholsteuer wurde in den letzten Jahren schrittweise immer weiter angehoben. Die billigste Flasche weißer Misli kostet heute im Supermarkt mittlerweile umgerechnet fünf Euro. Andererseits wird die türkische Weinwirtschaft vom Tourismusministerium unterstützt.

In den konservativen Stadtteilen Istanbuls wie in den meisten Orten Anatoliens bekommen Gastwirte kaum noch eine Alkohollizenz - es sei denn sie können Tourismus anführen. In städtischen und staatlichen Einrichtungen ist Alkohol längst ganz verboten.
Bei ihren Inlandflügen hat die Fluggesellschaft Turkish Airlines inzwischen alkoholische Getränke von der Karte gestrichen.

So erleben die Winzer gegenwärtig schwerere Zeiten. Sie stehen im Konflikt mit der Regierung. Ein in den Medien zitierter Weinbauer erzählt, die Polizei sei dreimal bewaffnet vor seiner Kellerei gestanden, um ihn einzuschüchtern, dabei habe nichts gegen ihn vorgelegen. Anderswo würden Beamte den Winzern zusetzen, warum sie denn so unbotmäßige Produkte herstellen würden. Gerade weil die Weinproduktion in den letzten Jahrzehnten eine so rasante Entwicklung gemacht habe und viele Winzer in modernste Anbaumethoden und Technologien investiert hätten (siehe ein deutscher Winzer investiert in Sirince) werde von der Regierung durch überhöhte Steuern dagegen gehalten.


Als leichte Tischweine für den Törn werden an Bord der ONEWAY meist der weiße und rote Angora getrunken (im Sept. 2014 TL 21 pro Flasche, umgerechnet EUR 7,50. Abbildung ganz rechts in der Reihe.

Rebsorten in der Türkei
In den Supermärkten an der Küste (Migros, Tansas, Makro, Metro und auch bei vielen kleineren Läden) werden touristenorientiert ganze Regalreihen mit Wein angeboten. Die Vielfalt ist groß, doch die mit Türkischen Lira ausgezeichneten Preise (= 1 Euro = 2,85 TL) schrecken oft ab. Gute Qualitäten werden von den privaten Firmen Diren, Doluca, Karmen, Taskobirlik und Kavaklidere produziert. Zu den besten türkischen Markenweinen zählen die Rotweine Buzbag, Villa Neva und Yakut sowie die Weißweine Cankaya, Thrakya (Sémillon) und Villa Doluca (Sultaniye und Sémillon).

Die bekanntesten Weinbauregionen der Türkei sind Thrakien, das Gebiet am Marmarameer und die Ägäis. Hier werden zusammen mehr als 60% der türkischen Weine angebaut. Vom Klima bevorzugt ist das Gebiet im Westen verwöhnter als die Regionen im Inneren und im Osten des Landes. Neben einheimischen werden inzwischen auch viele internationale Sorten wie Cinsault, Clairette Blanche, Gamay, Pinot Noir, Riesling und Semillon angebaut.


Mittel-Anatolien dagegen profitiert vom kontinentalen Klima mit zum Teil sehr trockenen und heißen Sommermonaten und äußerst kalten Wintern. Eines der bekanntesten Weingüter ist Kavaklidere, mit seiner langen Tradition (1929 in Ankara gegründet) eines der ältesten der Türkei. Die Firma ist bis heute in Familienbesitz. Der trockene Cankaya, gehört zur klassischen Serie von Kavaklidere. Dieser leichte und unkomplizierte Weißwein, wurde aus den Rebsorten Emir, Narince und Sultaniye, der zentralanatolischen Städte Tokat, Nevsehir und Denizli erzeugt. Der trockene Yakut, gehört zu den klassischen Rotweinen von Kavaklidere. Der kräftig-fruchtige Cuvee wurde aus den Rebsorten Öküzgözü, Bogazkere, Carignan und Alicante aus den Hochebenen Ostanatoliens komponiert. Dank stetiger Investionen in die Anbau und Technik, konnte sich die Firma Kavaklidere auch international einen guten Ruf mit seinen Weinsorten erarbeiten.Einen erheblichen Anteil am Anstieg des Alkoholkonsums haben die Touristen. In türkischen Touristenzentren reihen sich Bars und Discos aneinander, für Ausländer gibt es Alkohol satt. Bezeichnenderweise wird die türkische Weinwirtschaft vom Tourismusministerium unterstützt. "Eine schlauer Zug", sagt Taner Ögütoglu, "Denn wir sitzen hier auf einer Goldgrube."

Ost-Anatolien mit noch strengeren Temperaturgegensätzen bringt ebenfalls türkische Rebsorten hervor, aber auch Pinot Noir, Grenache und Riesling.

Im Südenosten der Türkei wird weniger Wein gekeltert, dafür vor allem süße Tafeltrauben angebaut, die wir hier überall auf den Märkten finden. Die Schwarzmeerküste im Norden ist in erster Linie für seine besonders fruchtigen Roten bekannt.

Trotz des Konfliktes mit der Regierung sind die Winzer davon überzeugt, dass der türkische Wein seinen Weg machen wird. Auch wenn die meisten Politiker des Landes offiziell nur Ayran trinken.


Weine zu beruteilen ist Geschmackssache. Die türkische Zeitung Hüriyet hat vor einiger Zeit die 10 besten Weine der Türkei ausgezeichnet: klck



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